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Caroline-Sophie
Pilling-Kempel
Wissenschaft. Mensch. Dialog. DGS-Video zu dieser Webseite DGS-Video

Gehörlose und Hörende.
Raummodellierung im Kontext von Behinderung und Interkulturalität

Erschienen im Verlag transcript (2022 Print, 2024 Open-Access).

Die wissenschaftliche Studie „Gehörlose und Hörende. Raummodellierung im Kontext von Behinderung und Interkulturalität“ (2022) untersucht, inwiefern Räume innerhalb einer Verstrickung von Inklusion und Interkulturalität vorstellbar sind. Das Spektrum bettet sich in ein Kontinuum innerhalb eines Wissens- und Handlungstransfers kultureller Bildung. Im ersten Teil werden theoretische Hintergründe des Verhältnisses Gehörloser und Hörender unter dem Schwerpunkt Macht und Repression aufgezeigt und mit Theorien innerhalb der Schwerpunkte Inklusion, Kulturalität und Räume verbunden. Acht Experten erläutern dazu ihre Perspektiven, die im zweiten Teil, innerhalb einer empirischen Diskussion, einander gegenübergestellt werden. Die Experteninterviews wurden durch eine Triangulation (Methodenmix) von qualitativer Inhaltsanalyse und objektiver Hermeneutik, unter Bezugnahme der dokumentarischen Methode, ausgewertet und interpretiert.

Zusammenführend werden die Ergebnisse in einen theoretischen Kontext eingeordnet, der einen maßgeblichen Impuls zur operativen Kenntnisnahme liefern kann. Es ließ sich feststellen, dass es in einer vorliegenden Verstrickung von Behinderung und Interkulturalität nur marginal um Inklusion geht, denn es handelt sich primär um den selbstbestimmten Menschen, der einer Kulturgemeinschaft angehört. Ein breites Nichtwissen über den Kulturalitätsaspekt ist dabei wesentlich für die gegenseitige Unsichtbarkeit, die wiederum eine Unformulierbarkeit der vorliegenden Mechanismen bewirkt. Der Körper ist zentral, wirkt jedoch als Anlass einer Sprachverwendung, nicht als Zeichen von Behinderung. Hörende gehen von Behinderung aus, Gehörlose sehen sich selbst nicht als behindert an. Der Grund dafür ist eine negative Konnotation von Behinderung als verkörpertes Defizit. Insofern ist von der Angehörigkeit einer Hörstatus-Sprach-Kultur auszugehen, was gleichermaßen für Gehörlose als auch für Hörende gilt.

Eine Hörendenkultur ist nicht konkret benennbar. Respektive der Gehörlosenkultur geht es um eine Kultur, der kein Lokalraum zugrunde liegt. Die Gesellschaft wird geleitet durch ein hörendes Normen- und Wertesystem. Der fehlende Lokalraum ist allerdings der ausschlaggebende Faktor für ein Machtverhältnis, von dem sich alles Weitere ableiten lässt. Dieses Phänomen kann nur durch eine kognitive Raummodellierung ausgeglichen werden, indem Räume nach kulturellen Codes verhandelt und definiert werden. Gegenkulturell-geteilte Räume sind maßgeblich, um einen dritten (Zwischen-)Raum zu erschließen, der als Raum der Fehlerkompetenz einen möglichen Begegnungsraum darstellt. Insofern treffen sich die Ansätze von kultureller Diversität und kultureller Differenz in dynamischer Verbindung der gegenkulturell-geteilten Räume und des dritten Raumes, die als Deaf Space, Hearing Space und Intercultural Space benannt werden. Die Ergebnisse lassen sich in bislang unerforschte Zweige einordnen und bilden gleichermaßen eine Grundlage ab, kultureller Bildung entscheidende Impulse zur Entwicklung und Positionierung zu liefern.

Literaturbeleg:
Pilling, Caroline-Sophie (2022): Gehörlose und Hörende. Raummodellierung im Kontext von Behinderung und Interkulturalität. transcript. Bielefeld.

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